Zombie-Gemetzel, Parkour-Traum, Open-World-Hoffnung, Angstmacher, Story-Schwergewicht. WASTED erklärt euch die verschiedenen Facetten des lang erwarteten Abenteuers.
Natürlich habe ich meine 30 Stunden mit Dying Light 2 am Ende in eine Wertung gegossen. Und vermutlich findet ihr im Text auch viele Argumente, die für oder gegen einen Kauf der polnischen AAA-Hoffnung sprechen. Aber ich hatte so gar keine Lust, auf Talentbäume und Waffencrafting einzugehen, die halbgare Fraktionsmechanik in Villedor zu beschreiben und Tipps zu geben, welche Aufgaben man besser bei Tag oder bei Nacht angeht. Stattdessen gibt es fünf Kurzanalysen der Spiele-Archetypen, die Dying Light 2 in sich vereint: Es ist nämlich Ego-Jump’n’Run, Open-World-Action-Adventure, Survival-Horror, Storyspiel und Metzger-Simulation in einem – manche Rolle erfüllt es mit Bravour, in der anderen fühlt es sich weniger wohl…
Dying Light 2 – der Parkour-Plattformer
Mirror’s Edge ist lange her und trotzdem noch der Benchmark für Ego-Plattforming in einem Videospiel. Ich war für kurze Zeit mal recht weit vorn in der Weltrangliste der Parkour-DLCs, ich muss es also wissen. Dying Light 2 kommt, nach vielen Spielstunden, aber ziemlich nah dran an den Platzhirsch …äh Platzspringbock. Warum erst nach Stunden? Weil viele Akrobatik-Manöver erst via üppig verzweigtem Talentbaum freigeschaltet werden müssen. Wer in der offenen Welt gefährliche Gebiete erobert, in der Story voranschreitet oder dunkle Gebäude absucht, findet Hemmstoff-Behälter – über 120 davon gibt es. Mit jeder Booster-Spritze kann man den Fundus an Kampf- oder Parkour-Fähigkeiten von Aiden erweitern und anschließend mit Upgrade-Punkten kaufen.
Ein Sprint an vertikalen Wänden hoch, elegante Wandläufe, hohe Hopser über Vorsprünge, eine absurde flinke Drehung um 180 Grad, ein sicheres Festhalten an Dachrinnen, sanfteres Landen, flottes Hindurchrutschen unter Gerüststangen – all das lernt Aiden im Spielverlauf, und zwar verteilt über etliche Stunden. Das ist einerseits sinnvoll, weil man so Zeit hat, um das Einbetten einer neuen Fähigkeit ins eigene Bewegungsrepertoir zu lernen und zu meistern. Andererseits hatte ich nach über 20 Stunden noch immer nicht alle Fähigkeiten, um das volle Parkour-Potential von Dying Light 2 zu fühlen – das fand ich nicht so sinnvoll.
Spaß macht das Rennen und Rutschen, das Kraxeln und Springen, das Fliegen und Gleiten, das Fallen und Abrollen aber trotzdem fast immer. Dying Light 2 ist als Open-World-Plattformer ein Volltreffer, weil sich die Physik des eigenen Charakters gut anfühlt, weil ins Bild peitschende Hände eine Körperlichkeit vermitteln, weil das Spiel so nachsichtig ist, dass man an Kanten oder auf schmalen Wegen kaum abstürzt und – sehr wichtig – weil Techland verdammt viel Arbeit in den Bau der Welt investiert hat. Wirklich überall gibt es kleine Bleckbrücken und Rampen, Seile und Vorsprünge, Gerüste und Hängebrücken, Laternen und Rutschpartien – so kommen geübte Spieler in einen schönen, organischen Flow, der nicht nur lebensrettende Fluchten möglich, sondern auch das bloße Durchqueren der großen Stadt zum Spaß macht. Der Weg ist das Ziel – klingt abgedroschen, stimmt hier aber. Und ist auch deshalb so wichtig, weil das Schnellreise-System recht unfreundlich ist: Zum einen wird es nach etlichen Stunden überhaupt erst aktiviert, dann sind die Punkte dafür nicht sehr üppig verteilt und schließlich muss jeder U-Bahn-Zugang erst umständlich mit Strom versorgt werden.
Dying Light 2 – das Open-World-Abenteuer
In den letzten Jahren haben sich große, offene Spielwelten zu meinen Lieblingen entwickelt: Sie machen mich ungemein neugierig (Zelda: Breath of the Wild), laden zum Entdecken und Träumen ein (Sable), beeindrucken durch Technik, Grafik und Design (Horizon: Zero Dawn, Ghost of Tsushima) oder ahmen die Realität so geschickt nach, dass ich zumindest virtuell ein ganzes Land erkunden will (Assassin’s Creed Odyssey). Dying Light 2 tut sich leider in keinem dieser Bereiche hervor. Ja, die Welt ist groß und macht braucht lange, um alles gesehen zu haben. Aber will ich das überhaupt, wo doch jede Ecke dreckig, verranzt, kaputt und damit irgendwie recht ähnlich aussieht? Zum einen geht dem Spiel das Land ab. Das Land zwischen Siedlungen, mit Natur-Spektakel, großen Gipfeln und geheimen Höhlen. Ein Land, das mir beim bloßen Anschauen ein Versprechen gibt. Nämlich, dass ich jene Felsnadel am Horizont erklimmen kann oder die nur mit einem X auf der Karte markierte Beduinensiedlung in der nördlichen Wüste besuchen kann. Dying Light 2 hingegen so: Ja, hier ist alles abgefucked und ranzig, aber da drüben ist es noch schlimmer – da hat jemand noch Chemieabfälle über den Schrottplatz gekippt.
Ganz am Anfang, bevor ich in die Stadt Villedor gelange, leistet sich das Spiel einen starken Moment: Zusammen mit einem anderen Pilger – so nennt das Spiel die rastlosen Männer und Frauen, die sich außerhalb befestigter Siedlungen bewegen – erkunde ich ein verfallenes Haus, oben auf dem Dach sind noch die Leichen und Gerippe der Bewohner, die mit einer Poolparty in den ewigen Sonnenuntergang ritten. Hier funktioniert das Environmental Storytelling prächtig. Ich spüre einen Kloß im Hals, eine warme Traurigkeit greift nach mir. Ich und der andere Pilger trinken ein Bier, feuern die leere Flasche vom Balkon und verabschieden uns – mit der Aussicht, dass wir uns in diesem Leben wohl nicht mehr wiedersehen. Bald darauf komme ich in Old Villedor an, einem schon einigermaßen großen, aber noch überschaubaren Teil der Stadt – die wird für die nächsten gut zehn Stunden mein Zuhause sein. Ich lerne eine Gruppe von Überlebenden kennen, die sich rund um eine Kirche ein Bretterbuden-Zuhause samt Kürbisbeeten gebaut hat. Ihc erklimme Windräder, die mir Infos und Nebenaufgaben bescheren, und spiele Bote für die Peacekeeper, eine straff organisierte Bürgerwehr. An viel mehr aus Old Villedor erinnere ich mich nicht, obwohl ich dort Stunden durch die Gassen gerannt bin. Verdorrtes Gras, rostige Geländer, kaputte Fassaden überall – aber keine Orte, die mich neugierig machen, die ich freiwillig erkunden möchte. Ich tat das, wenn mich die Story dorthin schickte oder die Aussicht auf Beute groß genug war. Aber um herauszufinden, was für eine Welt mir Techland da vorgesetzt hat? Nein.
Als ich schließlich im eigentlichen Zentrum von Villedor ankomme, wird das etwas besser. Ein paar Bereiche heben sich optisch zumindest leicht ab (z.B. das Wolkenkratzer-Viertel), zudem gibt mit einer sehr großen Kirche und den Wassertürmen mehr interessante Landmarken. Und auf den Dächern drücken sich immer wieder ein paar Überlebende ums Lagerfeuer und erzählen, ganz ohne Nebenquest-Druck, Geschichten aus ihrem Leben. Wie sie einst fast ein Gegenmittel für das Virus entwickelt hätten und warum dann doch alles in die Brüche ging. Doch als Anreiz für das Erkunden der Welt ist mir das zu wenig. Da wo das Hyrule von Breath of the Wild brilliert, weil es mich an tausend Stellen neugierig von meiner Hauptaufgabe weglockt, versagt das Villedor von Dying Light 2 auf ganzer Linie, weil es letztlich nicht mehr ist als schmuddeliger Spielplatz für Parkour und Kämpfe.
Dying Light 2 – die menschliche Tragödie
„Fall of Man“ wäre ein schönerer, passenderer Untertitel als „Stay Human“ gewesen, doch den hatte sich bekanntlich Insomiacs PS3-Launchtitel Resistance gekrallt. Denn in Dying Light 2 geht es um das Scheitern der Menschheit, im Großen wie im Kleinen. Nach dem verheerenden Virusausbruch in Harran (Handlung von Teil 1) scheint die Gefahr gebannt, als ein Impfstoff gefunden ward. Doch die Experimente mit dem Pathogen hören nicht auf, im Labor wird eine noch tödlichere Variante entwickelt, die schließlich nach außen dringt und den Planeten wie ein Lauffeuer überzieht – „The Fall“ wird dieses Ereignis im Spiel genannt. 15 Jahre später sind 90% der Erdbevölkerung tot, Überlebende hausen in heruntergekommenen Städten wie Villedor, das mit seinem europäschen Ambiente entfernt an Paris erinnert. Villedor wird von drei rivalisierenden Fraktionen beherrscht, seine bestehende Gebäudestruktur aus Wohnhäusern, Kirchen, Kanälen, Brücken, Lagerhallen und Wolkenkratzern wird ergänzt von Stacheldraht und verwaisten Panzern, von Barriken und Bretterbuden, von provisorischen Banditenlagern und einem zum Hauptquartier der Peacekeeper umfunktionierten Containerschiff. Mittendrin in dem Schlamassel kämpft der Hauptprotagonist Aiden ums Überleben. Vordergründig sucht er nach seiner verschwundenen Schwester, gleichzeitig aber nach der eigenen Vergangenheit. Mia und er wurden im Kindesalter Opfer von Menschenversuchen – der damalige Arzt lebt noch und avanciert zum Antagonisten des Spiels; und ist natürlich selbst ein Monstermutant mit übernatürlichen Kräften.
Etwas mehr emotionale Diversität hätte Dying Light 2 gutgetan
Obwohl es interessante Figuren in Villedor gibt, z.B. anfangs den hilfsbereiten Hakon oder später die Draufgängerin Lawan, bekommt man es vor allem mit einem herben Menschenschlag zu tun – und das langweilt. Das Gros der Protagonisten mit Namen und Sprechrollen sind ruppige Rauhbeine, desillusionierte Grobiane, zynische Misanthropen. Sicher, die Umstände sind hart, aber etwas mehr emotionale Diversität hätte Dying Light 2 gutgetan. Stattdessen kann ich mich entscheiden, ob ich lieber mit einem luxusvernarrten Widerling oder mit dem Anführer einer paramilitärischen Bande paktiere, um an Informationen über meine Schwester zu gelangen.
Ein paar Missionen haben tatsächlich Einfluss auf den Fortgang der Geschichte und/oder werfen moralische Dilemmata auf: Hole ich Medizin für einen Peacekeeper-General, der gerade um sein Leben ringt? Wo ich doch weiß, dass er der einzig überlebende Zeuge einer Auseinandersetzung wäre, die mir später negativ ausgelegt werden kann. An anderer Stelle bittet mich ein hart aussehender Typ, einen Jungen zu finden, der aus einem gefährlichen Gebiet nicht zurückgekommen ist. Ich finde den Knaben und erfahre, dass er und andere Kids für den Typen arbeiten müssen und er nicht zurück will. Wutentbrannt stürme ich zurück und male mir schon auf dem Weg aus, was Aiden mit dem Mistkerl anstellen wird. Doch beim Gespräch erfahre ich auch seine Sichtweise – er weiß um die Härte seiner Maßnahmen und Praktiken, sieht darin aber die einzige Chance, Waisenkinder auf das roughe Leben in Villedor vorzubereiten. Und den Jungen lässt er künftig in Ruhe, wenn dieser nicht länger Teil dieser Gruppe sein möchte. Fand ich zumindest interessant, diese kleine Geschichte…
Dying Light 2 – das Killerspiel?!
Das ist mal ein Track Record: Entwickler Techland hat nicht nur zwei indizierte Dead-Island-Spiele auf dem Kerbholz, auch das erste Dying Light wurde in Deutschland auf den Index befördert – und zwar im Jahr 2015 als einer der letzten prominenten Titel. Warum? Weil Dying Light laut BPjM „detaillierte und selbstzweckhafte Gewalt- und Tötungsszenen zeigt. Maßgeblicher Spielinhalt ist – trotz diverser Nebenaufgaben – letztlich das Töten einer Vielzahl menschenähnlicher Gegner (Zombies). […] Die sehr brutalen und blutigen Tötungssequenzen reduzieren das Spiel zum überwiegenden Teil auf eine Aneinanderreihung von Mord- und Metzelszenen. […] Als hochgradig bedenklich stuft das 3er-Gremium dabei die zahllosen Alltagsgegenstände ein, die im Spiel als Waffen genutzt oder in Kombination mit anderen Gegenständen zu solchen umfunktioniert bzw. modifiziert werden können.“ Noch mehr Infos zur Indizierung von Dying Light könnt ihr bei den Kollegen der M! Games nachlesen.
Noch ist Dying Light 2 nicht indiziert, in Deutschland ist das Spiel allerdings nur in gekürzter Fassung erhältlich. In der deutschen Version ist es nicht möglich, menschliche Gegner zu enthaupten oder zu zerstückeln, außerdem können keine neutralen NPCs umgebracht werden. Wir haben die internationale Version, wie sie u.a. auch in Österreich oder der Schweiz verkauft wird, unter die Lupe genommen und festgestellt, dass die im Spiel enthaltene Gewalt sehr explizit und ja, durchaus auch scheußlich ist. Nicht nur Zombies, sondern auch getötete Menschen können nach ihrem Ableben mit Waffen malträtiert werden, die Folge sind abgetrennte Körperteile und Stümpfe aus denen für einige Sekunden virtuelles Blut sprudelt. Ob dies nun geschmackloser und brutaler als die in Deutschland vollständig enthaltene Fatality-Mechanik in Mortal Kombat 11 lassen wir mal dahingestellt, in jedem Fall erhielt Techland für diese Fassung aber kein USK-18-Siegel. Seltsames Detail: Obgleich die gekürzte Fassung von Dying Light 2 am 13.12.2021 die USK-Einstufung „keine Jugendfreigabe“ erhielt, fehlt das USK-18-Logo sowohl bei Steam als auch im Xbox- und PlayStation-Store. Vielleicht fürchtet man, anders als z.B. beim gleich eingestuften Doom Eternal, im Angesicht der bekannten Kürzungen verkaufsmindernde Effekte.
Mein zwölfjähriges Ich hätte den Metzelfaktor von Dying Light 2 sicher als Kriterum für besondere Qualität erachtet, darüber bin ich 28 Jahre später zum Glück hinweg. Als eindeutiges Trefferfeedback ist so eine Kopf-ab-Tötung sicher sinnvoll, spielerisch relevant ist das jedoch nicht. Das führt mich direkt zum Kampfsystem von Dying Light 2 das trotz einiger theoretisch vorhandener Mechaniken ziemlich ernüchternd ausfällt: Perfekte Paraden und Kicksprünge übers Feindeshaupt hinweg sind zwar möglich und fühlen sich organisch an, nötig sind sie aber fast nie. Viel ausweichen und stupide draufkloppen reicht nämlich meist auch. Fernkampf-Waffen kommen erst sehr spät zum Tragen und sind selten, Molotov-Cocktails oder herumliegende Gastanks praktischer. Ein paar Kämpfe, mal derbe, mal hektisch, stellen, zwischen die anderen Spielelemente eingestreut, eine nette Abwechslung dar – Dying Light 2 spielt man aber nicht wegen der Kämpfe. Und das ist schon ein bisschen schade.
Dying Light 2 – das Spiel mit der Angst
Ich hatte ein bisschen Schiss vor Dying Light 2. Oder vielmehr: Ich hatte Sorge, dass mich Dying Light 2 zu sehr stressen würde. Mein Verhältnis zu Horrorspielen ist nämlich ein ambivalentes: Ich liebe die Dead-Space-Serie – da gibt es zwar Schockmomente und Terrorsound, doch mit meinen Waffen war ich letztlich stets Herr der Lage. In so manchem Resident-Evil-Teil jedoch fühle ich mich zu angespannt – wenn z.B. die Munition knapp ist oder ich mich ständig verfolgt wähne. Auch mag ich es nicht besonders, wenn es Teil des Spielprinzips ist, an Feinden vorbeizulaufen. Schwierige Voraussetzungen also für Dying Light 2 – doch hier hat mir das letztlich gar nichts ausgemacht. Wenn die Nacht hereinbricht, wenn in leuchtenden Lettern „Die Jagd beginnt eingeblendet wird“ oder wenn ich auf der letzen Lebensenergie-Rille ein UV-beleuchtetes Versteck erreiche – dann ist da schon dieser Anflug von Panik, den ich zu vermeiden suche, aber schlimm wird es in diesem Spiel eigentlich nie. Weil ich den Schwierigkeitsgrad einstellen kann. Weil ich bis auf wenige Ausnahmen immer am Tag unterwegs sein kann, wenn ich das möchte. Weil Aiden stets genug Totbringer im Tornister hat. Und, ganz wichtig, weil er ein flinker, beweglicher Fluchtmeister ist. Wenn ich nämlich weiß, dass ich stets die die 95%ige Chance auf eine erfolgreiche Flucht habe – dann ist die Dunkelheit nur noch halb so dunkel. Und die garstigen Zombiemonster nur noch halb so modrig…
Quantitätsmatrix
Apropos Dunkelheit: Es ist toll, dass die Nacht in Dying Light 2 auch richtig dunkel ist, ohne angeschaltete Taschenlampe seht ihr nicht mal die beim Sprint wild ins Blickfeld schwingenden Hände von Aiden. Kein Vergleich mit anderen Open-World-Spielen, wo mir „nachts“ ein entsättigter Blaustich-Mondschein eine Tageszeit vorgaukeln will, die es im echten Leben niemals gibt. Weil Aiden infiziert ist, läuft nachts oder in dunklen Gebäuden und Kellern stets ein Timer mit, der die verbleibende Zeit bemisst, bis man von der Infektion übermannt würde – eigentlich ein ziemlicher Stressfaktor. Doch gleichzeitig habe ich damit einen Rahmen an der Hand, wie lange ein stressiger Nachteinsatz wohl noch dauern wird. Ich weiß so, dass ich nicht erst in 30 Minuten wieder in helleren Gefilden unterwegs sein werde, sondern vielleicht in sieben. Zudem hat man stets UV-Pilze oder Medikamente dabei, die im Notfall das Zeitkonto mächtig verlängern.
Trotzdem ist es nachts außerhalb der gesicherten NPC-Hubs schon gefährlich in Villedor: An bestimmten Stellen warten besonders heftige Mutanten, die angeschaltete Taschenlampe macht Zombies neugierig und besonders spuckwütige Modermonster trifft man auch vor allem in der Dunkelheit. Zu meiner großen Erleichterung bleibt aber, zumindest an der frischen Luft, fast immer die Chance zur Flucht: Ich trete mit meinem Gleitschirm über eine Ventilatoröffnung im Boden, hake mein Seil in einen Flaschenzug am Hochhaus – schon geht es in luftige, sichere Höhen und anschließend per pedes zu einem der zahlreichen Nightrunner-UV-Schlafplätze auf den Dächern. Und wenn ich dort mein Haupt auf die fleckige Matratze bette, ist es ganz schnell morgen und die Zombiegefahr plötzlich weit weg.
Versagt das Spiel deshalb als Horrortitel, als Angstmacher? Jein. Dying Light 2 kann gruselig, kann bedrohlich – lässt dem Spieler aber fast immer die Wahl, ob er dieses Angebot annehmen möchte. Wer sich tagsüber in ein riesiges Gebäude schleicht, wo dutzende Untote, vor dem Sonnenlicht geschützt, in Kauerstellung den Tag verbringen, wer auf der Jagd nach Beute nachts die verseuchten Hotspots mit den schwersten Monstern besucht oder wer angeschlagen in eine verwinkelte U-Bahn hinabsteigt, um Stromgeneratoren anzuknipsen, der bekommt Bedrohung und Panik frei Haus geliefert. Ein Terrorspiel mit dichter Atmo, Dauerstress und Munitionsknappheit ist Dying Light 2 aber nicht – und kann es vermutlich gar nicht sein, wenn man die Größe seiner offenen Spielwelt mit in die Rechnung nimmt.
Fazit
Dying Light 2 hat ein paar gravierende Mängel, macht in vielen Momenten aber auch mächtig Spaß. Sieben Jahre benötigte Techland für das Spiel – und fast hätte sich das Studio daran verhoben. So richtig picobello fertig ist es auch zum Release nicht geworden, grobe Bugs sind mir aber nicht mehr begegnet. Dafür eine schwache deutsche Synchro und eine offene Spielwelt, die leider zu selten mein Interesse wecken konnte. Ein paar mehr Spielelemente hätte Techland besser erklären können und Funktionen wie das Zuweisen von Gebäuden an Fraktionen hätte ich mir gespart. Trotzdem kann ich das Spiel empfehlen: Wer gerne Zombies meuchelt und durch die Gegend turnt, erhält ein üppig ausgestattetes Game mit viel Inhalt für durchgezockte Wochen!
3,5 Doom?
Hurra! Zwei @MatthiasSchmid und ein @eUndead Artikel in einer Woche!
Da werden meine Mitgliedsbeiträge definitiv vernünftig investiert
Nicht dass Dying Lights 2 mein Spiel wäre, aber ich will wenigstens die clickbaitigen gamestar Überschriften verstehen könnnen… Dafür ist so ein Artikel super!
Edit: den Artikel als „Überschriften Explainer“ abzutun tut Mathias natürlich absolut unrecht. Gute Spiele-Reviews sind immer super, auch für Spiele die man selbst nicht spielt.
Oder noch anders: Spiele-Reviews sind genau dann gute Spiele-Reviews, wenn man sie auch gerne liest obwohl man das Spiel nicht spielen wird.
In diesem Sinne: Danke für das Gute Review!
Sehr schönes Review. Nicht meine Art von Spiel, aber auf twitch werde ich es mir mal geben
Genau das wollte ich auch schreiben. Fast wörtlich. Doofes Spiel, geiler Test.
Besten Dank für den informativen, kompetenet verfassten Artikel und die persönliche Einschätzung. Im Gegensatz zu den bekannten Formaten nationaler und internationaler Tests gefällt mir die Haltung nicht ‚objektiv‘ werten zu können, sondern die persönliche Präferenz, gaming Historie transparent und als Wertungskriterium zu verwenden.
Dafür ist es aus meiner Sicht garnicht erforderlich das Ergebnis in eine Wertung zu gießen, es reicht aus den Artikel zu lesen. Meine Hypothese ist hier, dass häufig für Kaufentscheidungen viel zu schnell über ein Wertungsspiegel entschieden wird, ohne sich für die dahinter stehenden Kriterien zu interessieren. Das Wasted Format zeichnet sich für mich u.a. dadurch aus, dass hier ein anderer Weg gegangen wird. Dieses Qualitäts- und Unterscheidungsmerkmal könnte auch nach außen noch etwas offensiver vertreten werden.
Fazit: Dying Light & Dead Island habe ich damals mit Fun gespielt; Dying Light 2 fünf Gesichter brauche ich nicht mehr kennen zu lernen
Der Artikel zeigt mir mal wieder gut das ich gerne über Spiele lese auch wenn ich sie selber nie spielen werde. Bzw. auch Beiträge darüber schaue wie in der aktuellen Game Two Folge.
DL2 zu spielen würde mir im Traum nicht einfallen trotzdem habe ich Interesse daran wie andere das einordnen oder finden, was es anders macht als vorherige Spiele der Art oder ob es neues in Videospiele an sich einführt.
Bei Filmen ist das einigermaßen ähnlich, aber bei Musik zB. würde mir nie einfallen Kritiken zu Alben zu lesen die ich nicht hören möchte.
Ein wirklich toller Artikel! Die Aufteilung der fünf Gesichter gefällt mir überaus gut.
Ich muss gestehen, dass Dying Light 2 bei mir eine regelrechte Sogwirkung entwickelt hat. Die Fortbewegung hat mich schnell in ihren Bann gerissen, auch weil es einfach nicht viele First-Person-Parkour-Simulatoren gibt.
Ich hatte Spaß, viel Spaß sogar. Nichtsdestotrotz hat das Spiel unglaublich viel Ecken und Kanten. Damit stolpert es immer wieder und holt sich eine blutige Nase. Ich habe lange keine Softlock-Bugs mehr erlebt. Ohne das Developer Menu per Mod einzufügen, wäre mein Savegame nach 12 Stunden Spielzeit futsch gewesen. Deine 77 Matthias finde ich sehr treffend. Kenner greifen zu, alle anderen spielen Probe - und der Rest…liest Wasted.
Ich hatte mich ursprünglich sehr auf das Spiel gefreut. Dead Island und Dying Light 1 (trotz der Kinderzombies) hab ich sehr gerne gespielt. Dying Light 2 hat mich aber über die lange Entwicklungszeit dann doch irgendwo verloren.
Der Test von dir, lieber Matthias in Kombination mit dem Cast von AeB hat das Spiel jetzt entgültig auf meine „Interessiert mich nicht, erst im Sale, wenn überhaupt“ Liste gekickt. Parkour System klingt super spannend, aber auf eine langweilige generische Openworld kann ich halt einfach inzwischen verzichten.
Danke auf jedenfall für das Review