Alle zwei Wochen setzt sich Rainer Sigl an seine Tastatur und schreibt dir einen Brief. Ja, dir. Es geht um die großen, wichtigen, letzten Dinge: Sex, Tod, die Liebe, das Leben, den Sinn des Ganzen. Und um Videospiele. Große, kleine, teure, obskure, die Menschen, die sie machen, kritisieren, spielen und lieben. Kurzum: Es geht ans Eingemachte. „Brief und Sigl“ ist eine Depesche aus dem Ludoversum.
Wien, 01.07.2022
Liebe Leserin, lieber Leser,
Was ich dir diesmal schreibe, ist zugleich wunderbar und ein wenig peinlich. Es spricht ein wenig gegen mich, oder zumindest: gegen mein Organisationstalent, gegen meine Konsequenz und gegen meine Ausdauer. Andererseits: Scheinbar braucht es all das gar nicht so richtig.
Eigentlich beginnt diese Geschichte im Jahr 2012. Da habe ich für mein Blog videogametourism (Spoiler: leider seit längerer Zeit im Dornröschenschlaf) einen Text über Menschen geschrieben, die ihre Gameswelten nicht nur spielend durchquerten, sondern sie auch als fotografisch ergiebige Räume nutzen.
Ich hab offen gesagt keine Ahnung, wie oft „The Art of In-Game-Photography“ angeklickt wurde (Page Impressions haben mich damals, als nicht-kommerzielle Publikation, nicht interessiert), aber wenn man den Fußnoten des Wiki-Eintrags zum Thema „Virtual photography“ Glauben schenken kann, ist mein Artikel wohl einer der frühesten journalistischen Texte zu diesem Gebiet; das hat mich immer ebenso erfreut wie verwundert, allerdings nicht so sehr wie die Tatsache, dass auch zehn Jahre später viele Texte zum Thema auf dieselben drei, vier Screenshot-Artists verweisen würden wie mein Text damals.
Der Grund, warum ich diese alte Story jetzt ausgrabe, ist der, dass mich vor kurzem das coole deutsche Fotografie-Blog Kwerfeldein zu diesem Thema interviewt hat und ich zu Beginn eingestehen musste, dass ich mich damit seit meinem Text damals, vor zehn Jahren, nicht mehr so richtig befasst hatte.
Ja, das Gebiet ist gewachsen, und vor allem die Allgegenwart von Foto-Modi in sehr viele Spielen und Nvidia Ansel haben das Fotografieren in Spielen einfacher und populärer gemacht; richtige Stars, oder auch nur Künstler, die sich mit dem Fotografieren in Spielen einen Namen gemacht hätten, gibt es dennoch noch immer nicht. Duncan Harris und Leo Sang, die ich beide bereits 2012 genannt hatte, sind nach wie vor die wenigen „Großen“, und auch da kann man sich nicht sicher sein, ob und wie die zwei von ihrer Kunst leben können.
Bei 2/5 der Links, die direkt zu Deinen Lieblingsbildern aus der Gruppe leiten, bekomme ich eine Fehlermeldung.
kann ich nur bestätigen.
Ansonsten glückwunsch zur Community, ich dachte ja, dass Flickr schon seit Jahren geschlossen wurde :o
Gefixt, danke!
Dass Video Game Photography irgendwie ein „Ding“ ist oder sein würde, hab ich erstmals mitbekommen, nachdem Uru: Ages Beyond Myst erschienen ist. Ich war damals Mitglied in einem Forum, das es schon lange nicht mehr gibt, in dem es einen dedizierten Thread für Fotos aus der Spielwelt gab. Denn die Welt von Uru lud einfach dazu ein, zu erkunden, zu fotografieren.
Ich hab seit dem immer mal wieder und sehr phasenweise in einzelnen Games fotografiert – und zeitweise sogar ein kleines Blog befüllt. Und für die Chip Foto Video hatte ich sogar mal einen längeren Artikel geschrieben, in dem ich versuchte, das Phänomen „echten Fotografen“ nahezubringen und zu erklären … und darüber nachdachte, was man durch Video Game Photography vielleicht sogar lernen kann.
Oh, das täuscht. Flickr ist sehr lebendig. Jedoch wurde es lange von Yahoo und dann von Oath vernachlässigt.
2018 wurde es von SmugMug übernommen. Seitdem hat sich die Ausrichtung etwas gewandelt. Flickr richtet sich nun deutlich stärker an passionierte und professionelle Fotografen – und soll weniger ein photo dump darstellen.
Heißt in erster Linie: ist teurer geworden und du kriegst weniger for free. Aber irgendwie hat das auch dazu geführt, dass die Community wieder aktiver wurde, viele Fotografen wieder stärker engagiert sind und an Debatten teilnehmen. Zumindest in den Gruppen, in denen ich mich selbst rumtreibe.
Kann eine Plattform wie Flickr überhaupt mittelfristig gegen Fediverses wie Pixelfed bestehen?
Glaube schon. Wobei die Frage ist, was du mittelfristig meinst ; )
Denn zum einen befriedigt Flickr andere Bedürfnisse als Pixelfed, das ja eher eine Alternative zu Instagram (wie es einst mal war) darstellt. Flickr ist weniger eine Foto-Sharing-Plattform, als eine Präsentations-, Archivierungs- und Forenplattform, die in dem, was sie tut, bisher sehr gut funktioniert. Ich habe noch keine gut funktionierende dezentrale Lösung für diese Ansprüche gefunden.
Zum anderen ist’s so, dass das dezentrale Plattformen oder auch Fedis nochmal eine gewisse Einstiegshürde setzen, die für manche doch schon prägnant ist. Es muss eine Instanz gewählt werden (von der viele ja erstmal nicht wissen, was das überhaupt sein soll), der muss dann vertraut werden, das sie besteht … und selbst nochmal eine Instanz aufsetzen ist nochmal eine ganz andere Sache).
Vielleicht ist Pixelfed ein schlechtes Beispiel. Aber was du aufbringst, ist ja eher ein Darstellungsproblem, dass man ja durchaus bereits lösen könnte damit es wie Flickr aussieht und sich Verhält.
Das ding mit den Instanzen stimmt ja schon, aber das muss ja den Enduser auch nicht sonderlich interessieren, da die am Ende (wenn gewollt) miteinander Verknüpft sind. Das ist eher Vergleichbar mit den Facebook Gruppen.