Natürlich geht es sowohl in Videospielen als auch in Filmen dauernd um Macht. Wie überall. Darin, was die beiden Mediengattungen über sie erzählen, unterscheiden sie sich quasi nicht. Dafür umso mehr, wie sie zur Reflexion über Macht anregen.
Macht ist allgegenwärtig. Selbstredend schließt das die Narrationen von Games ebenso mit ein wie die des Kinos. Selbst wenn Macht nicht zu den ausdrücklichen Themen einer Handlung gehört, spielt sie zumindest unterschwellig immer eine Rolle. Allein weil eine jede vorkommende Beziehung letztlich immer von Machtverhältnissen geprägt ist, und seien sie auch noch so subtil. Das gilt auch für Titel, denen man aufgrund ihres unschuldig-kindlichen Charakters nicht zutrauen würde, weil der Begriff der Macht stets mit etwas Düsterem assoziiert, im deutschen Sprachgebrauch teilweise sogar synonym mit „Gewalt“ verwendet wird.
Wie sollte man es aber anders denn als Machtausübung bezeichnen, wenn etwa in der „Animal Crossing“-Spielereihe der sogenannte „Dorfhändler“ Tom Nook – eigentlich ein Monopolist – im Alleingang über die Preisgestaltung einer gesamten Insel bestimmt oder in der Kinderserie „Paw Patrol“ der zehnjährige Ryder das Kommando über eine Rettungshunde-Staffel übernimmt? Geht es um das Verhandeln von Macht in all seinen Formen, unterscheiden sich die Mediengattungen „Film“ und „Videospiel“ also nicht wirklich darin, „was“ erzählt wird.
Die Verschiedenheiten beginnen viel mehr bei der Art und Weise „wie“ von Macht erzählt wird, und dadurch auch wie sie zur Reflexion anregen. Das Stichwort, das alles verändert, ist schon wie in meiner vorherigen Kolumne: Interaktivität. Dort habe ich die verschiedenen Möglichkeiten betrachtet, die speziell storylastige Games im Vergleich zum Kino liefern.
Wenn ich über Macht nachdenke, scheint mir ein ganz anderes, weniger narrativ geprägtes Gaming-Genre allerdings viel interessanter. Eines, in dem die eigene (Gestaltungs-) Macht ungleich größer ist und meist, aber nicht immer, ausdrücklich thematisiert wird. Eines, das bisweilen recht nüchtern daherkommt, weil es viel mit Planung, Kalkulation und Organisation zu tun hat, letztlich aber um die eigene Herrschaftsgewalt kreist. Die Rede ist vom breiten Feld der Simulatoren.
Allein für die Nennung von Suzerain gibt es ein großes
von mir.
Ich hoffe, das ist nicht unhöflich, wenn ich meine Meinung kundtue: ich kann diesem Artikel nichts abgewinnen.
Das Thema Macht in Computerspielen ist aber in der Tat ein sehr interessantes Thema. Wenn ich in mich gehe, dann spiele ich am liebsten solche Spiele, die mir erlauben, zur Macht (im völlig klassischen Sinne) zu kommen und sie auch maximal zu entfalten. Es muss „Wumms“ machen, es muss groß sein, am besten mit pompöser Musik im Hintergrund, am besten trotzdem ohne jeden Kitsch und Pathos (Ja ein bisschen zu viel Pathos hat das Ende meines Lieblingsspiels Mass Effect, egal wie sehr ich es liebe).
Ich will mich hier darüber auslassen, wie Spiele es schaffen, ein „Du bist mächtig! Yeah!“-Gefühl im Spieler hervorzurufen.
Das gründlichste Beispiel der Macht liefert imho Pathfinder WOTR. heavy spoiler incoming + stark vereinfachtes Recap
Du fängst als ein kleiner Niemand an und levelst dich hoch. Bisher alles wie gehabt in Rollenspielen. Aber im Laufe des Aufstiegs erhältst du immer mehr mythische Kräfte. Du erfährst, dass die Ober-Bösewichtin im Spiel dir diese Macht gibt. Du erfährst, dass du eigentlich ihr Experiment bist, mit dem sie ihren ermordeten Sohn wiederbeleben möchte. Sie übt Rache an der Welt, die ihr diesen Sohn genommen hat. Gegen Ende des Spiels, nachdem du sie besiegt hast und falls du sie auch als Mutter anerkennst, hast du verschiedene Möglichkeiten: Sie töten (sie ist böse, du bist gut). Dich töten und sie damit retten (sie ist deine Mutter). Eines davon mußt du tun, wenn die Welt nicht untergehen soll. Bisher typische Entscheidungen eines klassischen (und unfassbar tollen) Rollenspiels.
Aber: Eine weitere Möglichkeit besteht. Du kannst genau dieser Fügung trotzen. Denn du bist nicht irgendwer, du steht über den von der Götterordnung vorgeschriebenen Pfaden. Du erkennst den Weg, dem Tod als unausweichlichen Konzept die Stirn zu bieten.
Und dann - wir siegen! Wir werden selbst zu Göttern. Wir besiegen den Tod! Der immerwährende Zyklus von Geburt und Tod ist für uns gebrochen. Zusammen, Mutter und Sohn, gehen wir zur Göttin des Todes, nur um ihr ein „Ätsch Bätsch“ ins Gesicht zu schleudern.
An dieser Stelle des Spiels lehne ich mich zurück, um dieses erhabene Gefühl auszukosten. Ein Spiel, das mir sagt: Wo sind Deine Grenzen? Nicht dort, wo man Sieger aller Schlachten wird. Auch nicht dort, wo man glücklich bis an sein Lebensende lebt. Schau hinauf, es geht mehr.
Welches andere Spiel schafft das denn?
Aber auch kleine Szenen können durchaus ein solches Machtgefühl hervorrufen. Im Wasteland 3 sagt mein Ranger nach einem Critical Hit eiskalt: „Thats how you do it.“ Auch das ist Macht
Spielt Ihr auch so? Ist „Macht“ auch etwas, was Euch in Games beflügelt? Oder seid Ihr eher Spieler, die sich nicht so mit Charakteren identifizieren müssen und für die daher „Macht“, „Rührung“, „Zuneigung“ und andere Arten von Emotionen gar nicht relevant sind?