Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen, hat ja der alte Dada-Zen-Philosoph Wittgenstein keck gemeint, aber als Kolumnist und Briefeschreiber, noch dazu in Zeiten allgemeiner Social-Media-Logorrhoe, ist das keine Option, sorry.
Du wirst es nicht für möglich halten, aber someone is wrong on the internet. Schon wieder! Das könnte und sollte uns allen ziemlich egal sein. Außer natürlich: Es geht um uns.
Vor kurzem hat mich ein Tweet zum Grübeln gebracht, und offen gesagt habe ich bis jetzt nicht aufgehört, darüber nachzudenken. Der Games-Doku-Filmemacher Jeremy Jayne stellte seinen Followern eine auf den ersten Blick recht simple Frage: „What are some video games that you feel are legitimate pieces of counter-culture?“
Unter einem Spiegel-Artikel, in dem ich über die Spiele „Stray“ und „Endling - Extinction Is Forever“ schrieb, fand sich kurz nach Veröffentlichung folgender Kommentar einer gewissen Rumbalotte: „Spiegel bekommt es nicht einmal mehr hin über 2 Spiele zu berichten ohne Klimawandel und Kapitalismuskritik im Artikel unterzubringen. Irgendwas ist hier völlig kaputt und es ist nicht die Welt.“
Iro, Dosenbier, Sicherheitsnadeln in der Nase, Anarchie als Lifestyle, DIY-Kultur und Randale gehören seit 40, 50 Jahren ebenso zum Gesellschafts- und Popphänomen Punk wie die Beteuerung, dass man noch am Leben sei. „Punks not dead“, seit mindestens 1981, als The Exploited das als Titel ihrer Platte hinrotzten.
Alle zwei Wochen setzt sich Rainer Sigl an seine Tastatur und schreibt dir einen Brief. Ja, dir. Es geht um die großen, wichtigen, letzten Dinge: Sex, Tod, die Liebe, das Leben, den Sinn des Ganzen. Und um Videospiele. Große, kleine, teure, obskure, die Menschen, die sie machen, kritisieren, spielen und…
Was ich dir diesmal schreibe, ist zugleich wunderbar und ein wenig peinlich. Es spricht ein wenig gegen mich, oder zumindest: gegen mein Organisationstalent, gegen meine Konsequenz und gegen meine Ausdauer. Andererseits: Scheinbar braucht es all das gar nicht so richtig.
Liebe Leserin, lieber Leser, ja, ich weiß, ich hab schon den letzten Brief über Diablo Immortal und Free-to-Play gelästert, aber in den letzten zwei Wochen bin ich dann nochmal ins Grübeln geraten.