Wir sind mit Spielen groß geworden. Jetzt werden in unserem Leben unsere Kinder mit uns groß. Bleibt zwischen Windelwechseln, Krabbelgruppe und Breifütterung überhaupt Zeit zum spielen? Was geben Games uns mit auf dem Weg mit Nachwuchs? Geben wir unsere Liebe zu virtuellen Welten weiter? Hier gibt es Monat für Monat eine Heldinnen-Reise von der Geburt bis zum ersten eigenen Griff zum Controller.
„Füchse sind gar keine Rudeltiere.“ Die quäkige Stimmer mit dem Klugscheißer-Take am Ende des Beginner-Tracks von 1998 hallt in meinem Kopf nach, als ich wieder den Controller in die Hand nehme. Mit dem kleinen Fuchs laufe ich durch die zeldaesque Welt von „Tunic“. Meine Arme, meine Schultern – alles tut ein bisschen weh. Aber der Schmerz ist ein angenehmer, endlich. Einer von diesen Schmerzen, die davon erzählen, das es sich gelohnt hat. Neben mir auf dem Sofa hat sich mein Freund Dom eingekuschelt. Er liegt eher und blinzelt zum Bildschirm. Wir haben den ganzen Tag Holz gehackt. Oben liegen meine Kinder im Bett und schlafen, mein Sohn hat sein erstes Kuscheltier im Arm. Es ist ein kleiner Fuchs. Bin ich ein Rudeltier?
Als wir aus der Großstadt weggezogen sind, weg vom Kiez und den grellen Lichtern, raus ins Grün, in den Wald, haben wir unsere Rudel zurückgelassen. Die Gruppen, die unser Zuhause zu unserem Zuhause gemacht haben. Unsere Freunde, unsere Bekannten, unsere Kollegen. „Jede Nacht, jeden Tag auf der Jagd, denn das Rudel tollt, wenn der Rubel rollt.“ Bis Schluss war. Bis Schluss sein musste. Als unser zweites Kind geboren wurde, die Wohnung zu klein, eine neue zu teuer, ich zu müde für das, was unser Leben in diesem Bau mit möglich gemacht hatte.
Hier im neuen Bau lenke ich den kleinen Fuchs aus der Iso-Perspektive über die Märcheninsel und hau mit einem Schwert Büsche zu Kleinholz. Es ist ein bisschen wie früher, als Dom und ich in unserer Studentenbude vor einem Mini-Fernseher hockten und Super Nintendo spielten. Stirbt einer von uns, nimmt der andere den Controller und macht da weiter, wo der andere gescheitert ist. Ein Staffelstab, den wir uns über den Nudelkübel hin und herreichten.
Was heute hier zu tun ist in diesem Spiel mit dem kleinen Fuchs, der angezogen ist wie Link, wird nicht wirklich erklärt. Ab und zu schalten wir eine Seite des digitalen Handbuchs frei, das mit Illustrationen und kryptischem Alphabet an die unverständlichen Anleitungen japanischer Importspiele von früher gemahnt. Ein süßer Stich ins Herz.
„Eine Pfote auf dem Mikro, eine auf den Tasten.“ Während wir erst das Schwert, dann den Schild und schließlich den Enterhaken entdecken, erschließt sich uns eine neue Welt, die so sehr den Welten von früher gleicht und die doch unter der Oberfläche tief ist. Voller Abgründe, die uns immer weiter nach unten führen zum Grund der Dinge. Auch in unsere Untiefen. Wir reden über das, was das Leben mit uns gemacht hat in den vergangenen Jahren, als wir noch Hunderte Kilometer voneinander entfernt wohnten. Wir reden über glückliche Momente und wir reden über das Scheitern, das Brechen, unseren Abgrund, während aus den Boxen Sphärisches zu uns herüber wabert.
Das Babyfon knackt, ein Wimmern schreckt mich auf, holt mich zurück aus dem Gestern ins Heute. Oder ist das Gestern mein Heute? Als ich durch die Schlafzimmertüre gehe sitzt mein Sohn aus dem Traum geschreckt in seinem Bettchen. Seine Schwester schläft ruhig weiter neben ihm. Sein kleiner Fuchs ist ans Fußende gekullert. Er will nur kurz auf den Arm, schnüffelt sich an mich und schläft dann schnell wieder ein. Der gedämpfte Schein dringt durch den Flur, die gedämpften Töne. Ich taste mich durch das Dunkel des Raums zurück zum Licht. Zum Klicken des Controllers. Bin ich ein Rudeltier?
„Durchkreuzen Wälder, wir werden älter, Alter wird’s kälter“ Fünf Tage lang fahren Dom und ich jeden Morgen in den Wald, tapsen zwischen umgestürzten Bäumen dorthin, wo die Stämme liegen, die wir später zersägen und in Stücke schlagen werden. Futter für ein Feuer, das uns warm halten soll, wenn der Sommer vorbei ist und die Kälte wieder zurück. Mit jedem Hieb gibt es Kleinholz. Mein Sohn steht an der Scheibe, seine Nase an das Glas gepresst. Seine Schwester ist noch nicht wieder zuhause. Sie geht wieder in den Kindergarten nach all den Corona-, Umbruchs-, Umzugswirren. Die Scheibe zum neuen Nest, ein neuer Bau für sie beide, den wir hier bauen. „Ein Fuchs muss tun, was ein Fuchs tun muss.“
Wir essen zusammen, reden zusammen, hören zusammen Musik. Und so wie wir jeden Tag unser Holz hacken, hacken wir uns jeden Abend durch die hübsche Märchenwelt. Anfangs nur neugierig auf den Zufallsfund im Gamepass, dann vollumfänglich verzaubert. Wie gut es tut, Momente wieder mit Freunden zu teilen. Den Kindern, mir, uns. Nach monatelangem Rückzug. „Ich hau ab aus meinem Bau, verschließ‘ die Tür, ziehe durchs Revier.“
Bin ich ein Rudeltier? Sind wir?
Ein wirklich schöner Artikel. Ich hatte beim Lesen der „ready parent one“ Kolumne schon ein paar mal echt feuchte Augen. Danke für die wunderbare Idee! (das Spiel klingt auch interessant. Jetzt wo es bald für playstation erscheint, werd ich es mir mit Sicherheit auch selbst mal anschauen.)
Ich wollte gern den Artikel lesen, aber irgendwie hab ich ein technisches Problem. Nach dem ersten Absatz werde ich zum wasted login aufgefordert obwohl ich eingeloggt bin. Auch das bestätigen des login hat nix gebracht. Ich probiere es einfach morgen nochmal
Hmm manchmal muss man sich bei Patreon nochmal neu einloggen. Falls das nicht klappt, weiß vielleicht @Mirko Rat.
Hat sich das durch ein re-login gelegt oder muss ich mit der Website schimpfen?
Hi Mirko, also vom Desktoprechner funktioniert alles. Vom Smartphone klappt es irgendwie nicht. Aber woran es liegt, weiß ich nicht.
Von meiner Seite aus besteht kein Handlungsbedarf. Ich lese einfach am Rechner
Nach diesem Bildschirm geht es nicht weiter. Wenn ich auf zulassen klicke passiert nichts.
Mh… Du hast nicht zufällig aus Versehen einen anderen Account bei Patreon aufm Telefon laufen oder so? Wobei das trotzdem die fehlende Weiterleitung nicht erklären würde…