Brief und Sigl: Jeden Tag Ostern

Ostergrüße aus Wien

Von der Moo Moo Farm über Hideo Kojima bis zum okkulten Gamedesign von Inscryption: In Videospielen ist jeden Tag Ostern! „Brief und Sigl“ lustwandelt mit euch durch den Ostergarten und bespricht handverlesene Eier.

Wien, 24.04.2022

Lieber Leserin, lieber Leser,

ja, okay, Ostern liegt schon wieder eine Woche hinter uns, aber eigentlich egal, denn was ich sagen will: Ostern hat sich überlebt, zumindest in Videospielen. Ja, ich geb’s zu, was provokante Einstiege in diesen Briefwechsel betrifft, gehört dieser eher zu den fragwürdigen, aber ich will auf etwas Relevantes hinaus – vertrau mir.  Nämlich genauer: Nicht unbedingt Ostern hat sich überlebt, sondern die klassische Ostereiersuche. In Videospielen.

Genau: Easter Eggs in Videospielen, also die ganzen kleinen Geheimnisse, die von den MacherInnen an verschiedenen unwahrscheinlichen Orten im Spiel zu finden sind. Ich mag ja den Gedanken, dass die historisch ersten Easter Eggs in Spielen eine bewusste, heimliche Insubordination gegenüber den bösen Corporate Overlords der ganz frühen Videospielgeschichte waren. In Zeiten, als vermeintlich ewige Industrietitanen wie Atari ihren Angestellten gegenüber peinlich genau darauf achteten, dass sich diese gefälligst nur als namenlose Handwerker und Techniker verstehen durften, fanden Games-Entwickler wie Warren Robinett dann doch noch eine Möglichkeit, namentlich in ihrem eigenen Werk vorzukommen. In seinem Spiel Adventure für Atari 2600 versteckte er 1980 heimlich einen Screen, auf dem stolz sein Name prangte: „Created by Warren Robinett“, war da zu lesen. Das der Legende nach erste Easter Egg der Games-Geschichte.

Wie bei allen guten Legenden gibt es auch hier verschiedene Versionen, so etwa die, dass die Nicht-Nennung der Schöpfer im Spiel eher den Sinn gehabt habe, die talentierten Kreativen weniger leicht abwerbbar zu machen.  So oder so: Die ersten „Easter Eggs“ waren simpler Natur, und so blieb das noch eine ganze Weile. John Romeros abgehackter Kopf irgendwo hinter einer Wand in Doom 2 steht so gesehen in einer langen und altehrwürdigen Tradition.

2 Kommentare


Kommentare

  1. Jemand hat seinen Walter Benjamin gelesen.

  2. Avatar for Corvus Corvus says:

    Wieder ein ganz toller Beitrag, Rainer.

    Hat mich sehr damals meine Erfahrungen mit der Urban Legend von Missing No. und Sunny Town aus der ersten Pokemon Edition erinnert. Damals war das alles super legendär mit diesem Glitches, es wurde immer gerätselt wie man das hinkriegt, bis man dann irgendwann jemanden gefunden hatte der den Glitch zuverlässig auslösen konnte.
    Das waren noch tolle Zeiten, heute kann man zu Elden ring sofort eine interaktive Karte öffnen und gucken wo man was findet :frowning:

    Aber gut, eventuell sind die Erinnerungen auch einfach stark nostalgisch verklärt und Pokemon Blau war ein sehr glitchbehaftes Spiel. Aber als Kind hat man ja keine Ahnung von sowas :smiley:

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